Erbausschlagung – Schutz vor der Haftung als Erbe

Wer das Erbe nicht innerhalb von 6 Wochen ausschlägt, haftet für Verbindlichkeiten des Erblassers. (§ 1967 BGB) Angesichts dessen ist es wenig verwunderlich, dass Erbausschlagung und Erbenhaftung häufig den Gegenstand besorgter Anfragen bilden. Dass es Alternativen zur Erbausschlagung gibt, die ebenfalls vor der Erbenhaftung schützen, ist zumeist nicht bekannt. So kommt es zur übereilten Erbausschlagung. Hier erfahren Sie alles Wichtige zum Thema “Erbe ausschlagen”, einschließlich des Ablaufs, der Fristen, der Kosten und der Alternativen zur Erbausschlagung.

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste zur Erbausschlagung in Kürze

  • Angehörige haben das Recht, ein Erbe auszuschlagen. (§ 1942 BGB)
  • Eine Erbausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnisnahme des Erbfalls gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. (§ 1944 Abs. 1 BGB)
  • Es ist sinnvoll, das Erbe auszuschlagen, wenn es verschuldet ist oder andere Sonderfälle vorliegen.
  • Wenn Sie das Erbe ausschlagen verlieren Sie Ihren Anspruch auf den Nachlass und den Pflichtteil.
  • Es gibt Alternativen, mit denen sich auch nach Ablauf der Ausschlagungsfrist die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten vermeiden lässt.

Wie wird man Erbe?

Nach deutschem Erbrecht geht eine Erbschaft automatisch und unabhängig vom Wissen oder Willen des Erben auf diesen über (§ 1922 BGB). Zum Erbe gehören neben dem Vermögen des Erblassers auch dessen Schulden. Allerdings hat der Erbe die Möglichkeit, eine unerwünschte Erbschaft abzulehnen, indem er beim Nachlassgericht die Ausschlagung erklärt (§ 1942 Abs. 1 BGB). Dabei muss die sehr kurze Frist gemäß § 1944 BGB von 6 Wochen beachtet werden!

Was bedeutet die Ausschlagung des Erbes?

Die Ausschlagung des Erbes bedeutet, dass ein Erbe auf sein Erbrecht verzichtet. Der Erbe lehnt das Erbe vollständig ab und verhält sich so, als wäre er nie zum Erben berufen worden. Durch die Ausschlagung wird der Erbe von allen Rechten und Pflichten entbunden, die mit dem Erbe verbunden sind. Dies kann sinnvoll sein, wenn das Erbe mehr Schulden als Vermögen umfasst oder wenn der Erbe aus anderen Gründen das Erbe nicht antreten möchte.

Wann ist es sinnvoll, das Erbe auszuschlagen?

Es gibt verschiedene Gründe, warum es sinnvoll sein kann, ein Erbe auszuschlagen:

Überschuldeter Nachlass

Der häufigste Grund für die Erbausschlagung ist, dass der Nachlass mehr Schulden als Vermögen enthält. Wenn Sie das Erbe annehmen, haften Sie für die Schulden des Erblassers und müssen diese unter Umständen aus Ihrem eigenen Vermögen begleichen.

Baufällige Immobilien

In einigen Fällen enthält der Nachlass Immobilien, die in einem schlechten Zustand sind und hohe Renovierungskosten erfordern. Wenn Sie diese finanziellen Belastungen nicht tragen können oder wollen, kann es sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen.

Private Gründe

Manchmal gibt es persönliche Gründe, ein Erbe nicht anzunehmen. Beispielsweise, wenn Sie im Ausland leben und keine Möglichkeit haben, sich um den Nachlass zu kümmern. Auch familiäre Konflikte können ein Grund sein, das Erbe auszuschlagen.

Steuerliche Überlegungen

In bestimmten Fällen kann es aus steuerlichen Gründen sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen, beispielsweise um die Steuerlast für die Erben zu minimieren.

Expertentipp von Rechtsanwalt Mathias Nittel , Facahnwalt für Erbrecht in München

Schlagen Sie niemals eine Erbschaft übereilt aus!

Sobald die Ausschlagung wirksam erklärt wurde, ist sie kaum rückgängig zu machen, und es droht der vollständige Verlust eines möglichen Erbes. Wenn Sie lediglich befürchten, dass der Nachlass Schulden enthält, gibt es später noch Möglichkeiten, Ihre Haftung auf den Nachlass zu beschränken.

Wie erfolgt die Ausschlagung des Erbes?

Die Ausschlagung muss in öffentlicher beglaubigter Form erklärt werden. Sie können dies direkt beim Nachlassgericht tun oder sich an einen Notar wenden, der die Erklärung dann an das Nachlassgericht weiterleitet. (§ 1945 BGB) Wichtig ist, dass die Erbausschlagung innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgt. Das Nachlassgericht, bei dem Sie die Erbausschlagung vornehmen, kann entweder das am Wohnsitz des Verstorbenen oder das an Ihrem eigenen Wohnsitz sein.

Es ist nicht möglich, die Ausschlagung per Telefon, E-Mail oder durch ein formloses Schreiben zu erklären.

Welche Frist gilt für die Erbausschlagung?

Für die Erbausschlagung gilt in Deutschland eine Frist von sechs Wochen. (§ 1944 BGB) Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem Sie Kenntnis über den Erbfall erlangt haben. Das bedeutet, ab dem Moment, in dem Sie vom Nachlassgericht offiziell über Ihre Erbenstellung informiert wurden. Wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder Sie sich zum Zeitpunkt des Fristbeginns im Ausland aufhalten, verlängert sich die Frist auf sechs Monate.

Es ist äußerst wichtig, diese Frist einzuhalten. Wenn Sie das Erbe nicht innerhalb der Frist ausschlagen, gilt es automatisch als angenommen. In diesem Fall haften Sie unter Umständen mit Ihrem eigenen Vermögen für die Schulden des Erblassers.

Kosten der Erbausschlagung

Die Kosten für die Erbausschlagung sind in der Regel überschaubar. Sie richten sich nach dem Wert des Nachlasses und betragen gemäß § 45 KostO eine halbe Gebühr. Mindestens fallen jedoch 15 Euro an. Wenn Sie die Erbausschlagung über einen Notar vornehmen, können zusätzliche Notarkosten anfallen.

Es ist ratsam, die Kosten im Voraus zu klären, insbesondere wenn der Nachlasswert nicht klar ist. Ein Anwalt für Erbrecht kann Ihnen helfen, die genauen Kosten zu ermitteln und zu entscheiden, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, das Erbe auszuschlagen.

Was passiert nach der Ausschlagung des Erbes?

Wenn Sie das Erbe ausschlagen, gilt die Erbschaft als nicht angefallen (§ 1953 BGB). Das bedeutet, dass Sie nicht mehr Erbe sind und keine Ansprüche auf den Nachlass haben. Ihre Stellung als Erbe geht auf die nächste Person in der gesetzlichen oder testamentarischen Erbfolge über. Dies kann ein weiterer Angehöriger sein oder, falls keine weiteren Erben vorhanden sind, der Staat.

Es ist wichtig zu wissen, dass eine Erbausschlagung nicht rückgängig gemacht werden kann. Sobald die Ausschlagung erklärt wurde, ist diese Entscheidung endgültig. Daher sollten Sie die Entscheidung, ein Erbe auszuschlagen, sorgfältig abwägen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.

Kein Pflichtteil bei Erbausschlagung!

In der Regel verliert ein Erbe, der das Erbe ausschlägt, auch den Anspruch auf seinen Pflichtteil. Es gibt jedoch zwei wichtige Ausnahmen von dieser Regel:

  • Beschränkte oder beschwerte Erben gemäß § 2306 BGB:
    Wenn der Erbe das Erbe ausschlägt, weil er durch das Testament des Erblassers oder einen Erbvertrag in seiner Erbenstellung rechtlich „beschränkt“ oder „beschwert“ wurde, kann er dennoch seinen Pflichtteil verlangen. Dies ist der Fall, wenn der Erblasser den Erben zum Beispiel mit Auflagen oder Bedingungen belastet hat, die ihn in seiner Erbenstellung erheblich einschränken.
  • Überlebender Ehegatte in einer Zugewinngemeinschaft gemäß § 1371 Abs. 3 BGB:
    Wenn der Ausschlagende der überlebende Ehegatte in einer Zugewinngemeinschaft ist, hat er trotz der Ausschlagung des Erbes Anspruch auf seinen Pflichtteil. In diesem Fall tritt der gesetzliche Zugewinnausgleich ein, und der überlebende Ehegatte kann zusätzlich den Pflichtteil verlangen, auch wenn er das Erbe ausgeschlagen hat.

Diese Ausnahmen bieten in bestimmten Situationen einen Schutzmechanismus für Erben, die das Erbe aus bestimmten Gründen ablehnen, aber dennoch nicht vollständig auf ihren gesetzlichen Anspruch verzichten möchten.

Expertentipp von Rechtsanwalt Mathias Nittel, Fachanwalt für Erbrecht in München

Wenn Sie unsicher sind, ob Sie das Erbe mit allen Nachlassverbindlichkeiten annehmen sollten, stehe ich Ihnen als Fachanwalt für Erbrecht zur Verfügung. Ich biete Ihnen umfassende Beratung, kläre Ihre Fragen zur aktuellen Rechtslage und prüfe, ob Sie trotz Erbausschlagung einen Pflichtteil beanspruchen können. Bei Bedarf unterstütze ich Sie auch bei der Anfechtung eines bereits angenommenen oder ausgeschlagenen Erbes. Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren, wenn Sie rechtliche Unterstützung in Erbschaftsangelegenheiten benötigen.

Ausschlagung für Kinder

Wenn minderjährige Kinder eine Erbschaft erhalten, können die Eltern das Erbe nur gemeinsam für ihre Kinder ausschlagen. (§ 1629 Abs. 1 BGB) In solchen Fällen ist es erforderlich, dass beide Elternteile handeln und dabei die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einholen. Diese Genehmigung stellt sicher, dass die Entscheidung im besten Interesse der Kinder getroffen wird. Diese Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn ein Elternteil die Erbschaft bereits ausgeschlagen hat und die Kinder dadurch an dessen Stelle als Erben treten. In diesem Fall ist keine gerichtliche Genehmigung erforderlich, da die Kinder automatisch in die Position des ausgeschlagenen Elternteils nachrücken.

Ausschlagung bei überschuldetem Erbe

Die häufigste Situation, in der eine Erbausschlagung in Betracht gezogen wird, ist das überschuldete Erbe. Wenn der Nachlass mehr Schulden als Vermögenswerte enthält, ist es ratsam, das Erbe auszuschlagen, um nicht für die Schulden des Erblassers zu haften.

Wenn Sie das Erbe nicht ausschlagen, haften Sie als Erbe mit Ihrem eigenen Vermögen für die Schulden des Erblassers. Es besteht zwar die Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken (Nachlassinsolvenzverfahren oder Nachlassverwaltung), jedoch ist dies mit erheblichem Aufwand verbunden. Eine Ausschlagung ist oft der einfachere Weg, um eine persönliche Haftung zu vermeiden.

Ausschlagung bei unbekanntem Nachlassumfang

Es kommt häufig vor, dass Erben den genauen Umfang des Nachlasses nicht kennen, wenn sie über die Ausschlagung entscheiden müssen. In solchen Fällen ist es ratsam, sich vor der Ausschlagung umfassend über den Nachlass zu informieren. Dies kann durch eine Einsichtnahme in das Nachlassverzeichnis oder durch Anfragen bei Banken, Versicherungen und Gläubigern des Erblassers geschehen.

Sie sollten auch bedenken, dass es neben der „blinden“ Ausschlagung des Erbes weitere Möglichkeiten gibt, auch bei einem bereits angenommenen Erbe die Haftung auf den Nachlass zu begrenzen. Gewinnen dadurch Zeit, den angenommenen Nachlass zu sichten. Sollten Sie dann erkennen, dass der Nachlass tatsächlich überschuldet ist, stehen Ihnen Alternativen zur Verfügung, um Ihre Haftung auf den Nachlass zu begrenzen.

Alternativen zur Erbausschlagung

Ein Erbe kann beispielsweise eine Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen, um die eigene Haftung zu begrenzen. Durch die Nachlassverwaltung oder das Nachlassinsolvenzverfahren verhindern die Erben, dass sie nach dem Tod des Erblassers mit ihrem privaten Vermögen haften. Dadurch schützen sie ihre eigenen Vermögensverhältnisse vor einer möglichen Belastung, die im schlimmsten Fall zu einer Privatinsolvenz führen könnte.

Wenn Sie nachträglich erkennen, dass der Erblasser hohe Schulden hatte, beispielsweise wenn ein Gläubiger mit einer hohen Forderung sich längere Zeit nach dem Erbfall bei Ihnen meldet, können Sie auch die Annahme des Erbes anfechten und das Erbe ausschlagen. Sie müssen dann aber den gesamten Nachlass herausgeben. Wichtig ist es, hierbei die kurze Anfechtungsfrist zu beachten.

Q&A: Häufige Fragen zur Erbausschlagung

Was passiert, wenn ich die Ausschlagungsfrist versäume?

Wenn Sie die Frist zur Ausschlagung des Erbes versäumen, gilt das Erbe als angenommen. Sie sind dann Erbe mit allen Rechten und Pflichten, einschließlich der Haftung für Schulden des Erblassers. Es gibt nur sehr wenige Ausnahmen, in denen eine nachträgliche Ausschlagung möglich ist, etwa bei arglistiger Täuschung oder wenn der Erbe erst nachträglich von überschuldeten Nachlasswerten erfährt (§ 1954 BGB).

Nein! Wer sein Erbe ausschägt hat grundsätzlich keinen Anspruch auf seinen Pflichtteil. Ausnahmen gibt es nur in zwei Fällen: Wenn Sie testamentarischer Erbe und durch eine Anordnung des Erblassers beschwert oder beschränkt sind und als überlebender Ehegatte in der Zugewinngemeinschaft gem. § 1371 Abs. 3 BGB.

Wenn Sie das Erbe ausschlagen und keine weiteren Erben vorhanden sind oder alle anderen Erben ebenfalls ausschlagen, fällt der Nachlass an den Staat. Der Staat übernimmt in diesem Fall den Nachlass, haftet jedoch nur mit dem Nachlassvermögen und nicht mit eigenem Vermögen (§ 1936 BGB)

Wenn Sie bereits Vermögenswerte aus dem Erbe genutzt haben, gilt das Erbe als angenommen. Die Ausschlagung ist dann nicht mehr möglich. Dies wird als schlüssige Annahme des Erbes angesehen (§ 1943 BGB).

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