Beim Vermögenserwerb durch Erbe, Pflichtteil, Vermächtnis oder Schenkung auf den Todesfall wird Erbschaftssteuer fällig. Die Höhe der Erbschaftsteuer hängt vom Wert der Erbschaft und dem Verwandtschaftsgrad zwischen dem Erblasser und dem Erben, Pflichtteilsberechtigten, Vermächtnisnehmer oder Beschenktem ab.
Die Berechnung der Erbschaftssteuer erfolgt auf Basis des ErbStG (Erbschaftssteuergesetz). Erbschaftsteuer und Schenkungssteuer sind im deutschen Steuerrecht identisch; für beide Steuern werden die gleichen Freibeträge und Steuersätze angewandt. Erbschaftssteuer oder Schenkungssteuer müssen Sie aber nur dann zahlen, wenn der Wert des Erbes oder der Schenkung den individuellen Freibetrag überschreitet.
Freibeträge und Steuerklassen in der Erbschaftssteuer
Je nach Verwandtschaftsgrad zum Erblasser werden Erben für die Erbschaftsteuer gemäß § 15 ErbStG in drei unterschiedliche Steuerklassen (I, II und III) eingeteilt, die den Steuersatz und die Höhe des Freibetrags und damit die Höhe der zu zahlenden Steuern bestimmen.
Freibeträge und Steuerklassen
Die Steuerklasse und der Freibetrag (§ 16 ErbStG) des Steuerpflichtigen bestimmen sich nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser.
Freibetrag | Steuerklasse | |
---|---|---|
Ehepartner, eingetragener Lebenspartner | 500.000 € | I |
Kinder, Stiefkinder | 400.000 € | I |
Enkel, deren erbberechtigtes Elternteil bereitsverstorben ist | 400.000 € | I |
Enkel, deren erbbrechtiges Elternteil noch lebt | 200.000 € | I |
Urenkel, Eltern, Großeltern | 100.000 € | I |
Geschwister, Nichten, Neffen, Sttiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene Ehegatten und getrennte Lebenspartner | 20.000 € | II |
Sonstige Erben | 20.000 € | III |
Versorgungsfreibetrag in der Erbschaftssteuer
Der Versorgungsfreibetrag ist in § 17 ErbStG geregelt und gilt für überlebende Ehegatten, eingetragene Lebenspartner sowie Kinder, Stiefkinder und Enkel, deren Eltern bereits verstorben sind. Dieser Freibetrag ist dazu gedacht, den Unterhalt der genannten Personengruppen sicherzustellen. Die Höhe des Freibetrags hägt daher von der familiären Stellung des Steuerpflichtigen zum Erblasser ab.
Freibetrag | |
---|---|
Ehepartner, eingetragener Lebenspartner | 500.000 € |
Kinder, Stiefkinder und Enkel bis 5 Jahre | 400.000 € |
Kinder, Stiefkinder und Enkel von 6 bis 10 Jahre | 400.000 € |
Kinder, Stiefkinder und Enkel von 11 bis 15 Jahre | 200.000 € |
Kinder, Stiefkinder und Enkel von 16 bis 20 Jahre | 100.000 € |
Kinder, Stiefkinder und Enkel von 21 bis 27 Jahre | 20.000 € |
Steuersatz
Die Erbschaftsteuer richten sich nach der Steuerklasse und der Höhe des nach Abzug der Freibeträge verbleibenden Wertes der Erbschaft oder Schenkung. Die Steuersätze der Erbschaftsteuer sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
Steuersatz | |||
---|---|---|---|
Wert in des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschließlich | Steuerklasse I | Steuerklasse II | Steuerklasse III |
75.000 € | 7% | 15% | 30% |
300.000 € | 11% | 20% | 30% |
600.000 € | 15% | 25% | 30% |
6.000.000 € | 19% | 30% | 30% |
13.000.000 € | 23% | 35% | 50% |
26.000.000 € | 27% | 40% | 50% |
über 26.000.000 € | 30% | 43% | 50% |
Pauschale Bestattungskosten
Für Bestattungskosten gewährt das Finanzamt als weiteren Freibetrag pauschal 10.300 €, die vom Nachlasswert abgezogen werden können. Der Pauschalbetrag mindert den für die Ermittlung der Erbschaftsteuer anzusetzenden Wert der Erbschaft unabhängig von der tatsächlichen Höhe derBestattungskosten.
Höhere tatsächliche Kosten können nur gegen Nachweis zur Reduzierung der Steuer geltend gemacht werden.
Besteuerung von Immobilien im Nachlass
Selbst bewohnte Immobilien:
- Nutzen Sie als überlebender Ehegatte die ehemals gemeinschaftlich mit dem Erblasser bewohnte Immobilie weiterhin selbst, bleibt die Immobilie unabhängig von ihrem Wert steuerfrei. Unbeachtlich ist, wenn der Erblasser die Immobilie aufgrund von Pflegebedürftigkeit nicht mehr bewohnen konnte. Diese Steuerbefreiung gilt nur, wenn Sie die Immobilie mindestens zehn Jahre lang weiterhin selbst nutzen. Andernfalls entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend.
- Beziehen Sie als Kind des Erblassers die zuvor vom Erblasser bewohnte Immobilie innerhalb von 6 Monaten und nutzen sie für die nächsten 1o Jahre selbst,ist diese bis zu einer Wohnfläche von maximal 200 qm steuerfrei.
Vermietete Immobilien:
- Für vermietete Immobilien werden 90% des Wertes bei der Ermittlung der Erbschaftssteuer zu Grunde gelegt.
Immobilien mit Wohnrechten oder Nießbrauch:
Die erbschaftsteuerliche Behandlung von Grundeigentum, das mit einem Wohnrecht oder Nießbrauch belastet sind, ist komplexer als die Behandlung unbelasteter Immobilien.
1. Bewertung der Immobilie
In einem ersten Schritt ist der Verkehrswert zu ermitteln, als wenn sie unbelastet wäre. Der Wert des Wohnrechts oder Nießbrauchs wird vom Verkehrswert abgezogen, da diese Belastungen den Wert für den Erben mindern.
2. Berechnung des Wertes des Wohnrechts oder Nießbrauchs
Der Wert eines Wohnrechts wird anhand des jährlichen Mietwerts der Räume berechnet, die dem Berechtigten zur Verfügung stehen. Der Kapitalwert des Wohnrechts ergibt sich durch Multiplikation dieses jährlichen Mietwerts mit einem Vervielfältiger, der von der Lebenserwartung des Berechtigten abhängt.
Der Wert des Nießbrauchsrechts richtet sich nach dem gesamten wirtschaftlichen Nutzen, den der Nießbraucher aus dem Grundbesitz ziehen kann. Auch hier wird der jährliche Nutzungswert (z. B. durch Mieteinnahmen) mit einem Vervielfältiger multipliziert, der sich nach der Lebenserwartung des Nießbrauchsberechtigten richtet.
3. Steuerliche Behandlung beim Erben
Der Kapitalwert des Wohnrechts oder Nießbrauchs wird vom Verkehrswert des Grundbesitzes abgezogen. Der verbleibende Wert ist die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer. Das Finanzamt wird diesen der Ermittlung der Erbschaftssteuer zu Grunde legen unter Berücksichtigung der Steuerklasse und der jeweiligen Freibeträge.
Beispiel:
Angenommen, eine Immobilie ist das alleinige Erbe. Sie hat einen Verkehrswert von 1.000.000 € und ist mit einem Nießbrauchrecht belastet, dessen Kapitalwert 200.000 Euro beträgt.
- Verkehrswert der Immobilie: 1.000.000 €
- Kapitalwert des Nießbrauchs: 200.000 €
- Verbleibender Wert: 1.000.000 € – 200.000 € = 800.000 €
Wenn der Erbe der Ehegatte ist, beträgt der Freibetrag 500.000 €. Hinzu kommt der Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000 € und der pauschale Abzugsbetrag für Bestattungsaufwendungen in Höhe von 10.300 €, insgesamt also 766.300 €. - Verbleibender Wert der Erbschaft nach Freibetrag: 800.000 € – 766.300 € = 33.700 €.
Dieser Betrag unterliegt dann der Erbschaftsteuer, beim Ehepartner in Steuerklasse I, welche 7 % beträgt. An das Finanzamt ist dann Erbschaftssteuer in Höhe von 2.359 € abzuführen (33.700 € * 7%).
Schützenswerte Denkmäler
Als Erbe einer denkmalgeschützten Immobilie müssen Sie Erbschaftssteuer zahlen. Ausgangspunkt ist der Ertragswert. Ist der tatsächliche Wert des Denkmals niedriger, können Sie dies durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken nachweisen.
Reduzierter Wertansatz bei öffentlichem Interesse
Baudenkmäler werden nur mit 15 Prozent ihres Wertes für die Ermittlung der Steuer angesetzt, wenn ihre Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, die jährlichen Kosten in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen und die Denkmäler in einem angemessenen Umfang der Forschung oder der Volksbildung nutzbar gemacht werden.
Vollständige Befreiung von der Erbschaftssteuer
Der Wert des Denkmals wird bei der Erbschaftssteuer nicht berücksichtig, wenn das Denkmal den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege unterstellt ist und sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie befindet.
Besteuerung von GmbH-Anteilen
Die Fragen rund um die Besteuerung von zur Erbschaft gehörenden Unternehmensanteilen sind komplex. Erben, die Anteile an einer GmbH geerbt haben, haben oftmals die Sorge, dass die GmbH durch die Erbschaftssteuer in wirtschaftliche Schieflage gerät. Durch den Verschonungsabschlag, der Erben begünstigt, die das Unternehmen weiterführen, werden diese entlastet. Der Verschonungsabschlag wird von dem bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftssteuer von dem Wert des Unternehmens abgezogen, so dass im Ergebnis weniger Steuern zu zahlen sind.
Voraussetzungen:
- Weiterführung der GmbH: Die Erben müssen die GmbH mindestens 5 Jahre weiterführen, um einen Verschonungsabschlag von 85% zu erhalten. Für einen 100%igen Abschlag sind 7 Jahre erforderlich.
- Mindestlohnsumme: Bei mehr als fünf Mitarbeitern muss eine bestimmte Mindestlohnsumme eingehalten werden.
- Verwaltungsvermögen: Die GmbH darf zu nicht mehr als 90% aus Verwaltungsvermögen bestehen.
Der Verschonungsabschlag ist begrenzt auf einen Gesamtwert von 26 Millionen Euro. Über dieser Grenze sinkt der Abschlag um 1% je 750.000 Euro Überschreitung.
Erbschaftssteuer bei Erbengemeinschaften
In Erbengemeinschaften müssen die individuellen Erbanteile der einzelnen Erben berechnet werden, um die Erbschaftssteuer korrekt zu ermitteln. Jeder Erbe zahlt auf seinen Anteil entsprechend seiner Steuerklasse nach Abzug der für ihn anwendbaren Freibeträgen die Steuer selbst an das Finanzamt.
Erbschaftsteuer minimieren
Erben können die Steuerlast minimieren, indem sie Nachlassverbindlichkeiten abziehen oder eine Steuerermäßigung gemäß § 35b ErbStG bei Doppelbesteuerung beim Finanzamt beantragen.
Unabhängig davon sollten Möglichkeiten der Optimierung der Steuer durch die Ausnutzung von Freibeträgen, der Progression des Steuersatzes und der Steuerklassen insbesondere durch die Schenkung von Vermögen an Kinder und Enkel im Rahmen einer vorausschauenden Planung genutzt werden, um die im Erbfall anfallenden Steuern zu reduzieren und das Familienvermögen weitestgehend zu erhalten.
Erbschaftssteuer stunden
Eine zinslose Stundung der Erbschaftssteuer durch das Finanzamt bis zu zehn Jahren ist möglich, wenn Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder selbst bewohnte Wohngrundstücke geerbt werden. Voraussetzung ist, dass der Erbe die Immobilie selbst bewohnt und die Steuer nur durch Verkauf aufbringen könnte.
Erbschaftssteuer berechnen & optimieren: So kann ein Anwalt helfen
Ein Fachanwalt für Erbrecht kann helfen, den für die Erbschaftssteuer relevanten Wert der Erbschaft zu ermitteln und Sie zu beraten, wie Sie die Freibeträge und Sonderregelungen ausschöpfen können. Ich berate Sie auch bei der Gestaltung von Vermögensübertragungen zu Lebzeiten zur Steueroptimierung.