Wohnrecht auf Lebenszeit

Das Wohnrecht auf Lebenszeit (§ 1090 BGB) ist ein Rechtsinstrument im Erbrecht und in der Planung des Vermögensübergangs au die nächste Generation. Es bietet eine Möglichkeit, Personen ein lebenslanges Wohnrecht an einer Immobilie zu sichern, ohne ihnen das Eigentum zu übertragen. In diesem Beitrag erfahren Sie, was das Wohnrecht auf Lebenszeit ist, welche Rechte und Pflichten damit verbunden sind, und wie es im Kontext des Erbrechts genutzt werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Wohnrecht auf Lebenszeit?

Das Wohnrecht auf Lebenszeit ist ein im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankertes Recht, das in den §§ 1090 ff. BGB geregelt ist. Es gibt einer Person das Recht, eine Immobilie oder einen Teil davon lebenslang zu bewohnen, ohne deren Eigentümer zu sein. Dieses Recht endet in der Regel mit dem Tod der berechtigten Person und kann nicht vererbt oder verkauft werden.

Das Wohnrecht wird häufig im Rahmen der Erb- oder Schenkungsplanung eingesetzt. Es ermöglicht es, einem Angehörigen, wie einem Ehepartner oder einem Elternteil, ein sicheres Wohnverhältnis zu garantieren, auch wenn das Eigentum an der Immobilie an eine andere Person übertragen wird.

Unterschied zwischen Wohnrecht und Nießbrauch

Ein häufiges Missverständnis besteht darin, das Wohnrecht mit dem Nießbrauch zu verwechseln. Beide Rechte betreffen die Nutzung einer Immobilie, unterscheiden sich jedoch in ihrem Umfang.

  • Wohnrecht: Berechtigt den Inhaber, die Immobilie selbst zu bewohnen, schließt aber eine wirtschaftliche Nutzung, wie Vermietung, aus. Der Inhaber trägt in der Regel die laufenden Betriebskosten, jedoch keine großen Instandhaltungen.
  • Nießbrauch: Gewährt dem Inhaber umfassendere Rechte. Er kann die Immobilie selbst nutzen oder vermieten und die Erträge behalten. Der Nießbraucher trägt die laufenden Kosten und die Instandhaltungskosten.

Vorteile des Wohnrechts auf Lebenszeit

Das Wohnrecht auf Lebenszeit bietet verschiedene Vorteile, die es zu einer attraktiven Option in der Vermögensplanung machen:

  1. Sicherstellung des Wohnens: Ein lebenslanges Wohnrecht gibt Sicherheit. Die berechtigte Person kann unabhängig von Eigentümerwechseln in der Immobilie bleiben.
  2. Vermeidung von Erbschaftsstreitigkeiten: Durch die klare Regelung, wer die Immobilie bewohnen darf, können Streitigkeiten zwischen Erben vermieden werden.
  3. Flexibilität bei der Vermögensübertragung: Das Wohnrecht ermöglicht es, das Eigentum an der Immobilie bereits zu Lebzeiten an die nächste Generation zu übertragen, ohne das Wohnrecht des Schenkers zu beeinträchtigen.

Rechte und Pflichten des Wohnrechtsinhabers

Das Wohnrecht auf Lebenszeit ist mit bestimmten Rechten und Pflichten verbunden, die sowohl den Wohnrechtsinhaber als auch den Eigentümer betreffen.

  • Rechte des Wohnrechtsinhabers: Der Inhaber des Wohnrechts darf die Immobilie oder den festgelegten Teil davon lebenslang bewohnen. Dieses Recht ist unabhängig von einem Verkauf der Immobilie durch den Eigentümer.
  • Pflichten des Wohnrechtsinhabers: Der Inhaber muss die Immobilie pfleglich behandeln und trägt die laufenden Betriebskosten wie Heizung, Strom, Wasser und Müllabfuhr. Größere Instandhaltungs- oder Modernisierungskosten trägt jedoch der Eigentümer, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart.

Eintragung des Wohnrechts im Grundbuch

Damit das Wohnrecht auf Lebenszeit rechtlich abgesichert ist, sollte es im Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung gibt dem Wohnrechtsinhaber eine starke Position, da das Wohnrecht auch bei einem Verkauf der Immobilie durch den Eigentümer bestehen bleibt.

Die Eintragung erfolgt beim zuständigen Grundbuchamt und bedarf einer notariellen Beurkundung. Der Notar stellt sicher, dass das Wohnrecht korrekt formuliert und im Grundbuch eingetragen wird.

Wohnrecht im Erbrecht: Gestaltungsmöglichkeiten

Im Erbrecht spielt das Wohnrecht auf Lebenszeit eine wichtige Rolle, besonders bei der Planung der Vermögensnachfolge. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie das Wohnrecht im Testament oder im Erbvertrag geregelt werden kann.

  1. Wohnrecht für den Ehepartner: Häufig wird das Wohnrecht im Testament zugunsten des überlebenden Ehepartners eingeräumt. Der Ehepartner darf die Immobilie lebenslang bewohnen, auch wenn sie an die Kinder vererbt wird.
  2. Wohnrecht für Eltern oder andere Angehörige: Eltern können ihren Kindern das Eigentum an einer Immobilie übertragen und sich selbst ein lebenslanges Wohnrecht sichern. Dies bietet finanzielle Vorteile und schützt gleichzeitig das Wohnrecht der Eltern.
  3. Vorbehaltswohnrecht bei Schenkungen: Bei der vorweggenommenen Erbfolge kann der Schenker das Eigentum an einer Immobilie auf die nächste Generation übertragen, sich jedoch ein Wohnrecht vorbehalten. Dadurch bleibt der Schenker in der Immobilie abgesichert, während die Erben bereits Eigentümer werden.

Steuerliche Aspekte des Wohnrechts

Das Wohnrecht auf Lebenszeit hat auch steuerliche Auswirkungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Erbschafts- und Schenkungssteuer.

  • Erbschaftsteuer: Der Wert des Wohnrechts mindert den steuerpflichtigen Wert der Immobilie. Dadurch kann die Erbschaftssteuerlast reduziert werden. Der Wert des Wohnrechts wird anhand der Lebenserwartung des Berechtigten und der Mieteinnahmen berechnet, die durch das Wohnrecht entfallen.
  • Schenkungssteuer: Bei der Schenkung einer Immobilie wird der Wert des Wohnrechts ebenfalls vom Wert der Immobilie abgezogen. Dies verringert die Schenkungssteuer.

Berechnung des Wohnrechtswertes

Der Kapitalwert des Wohnrechts wird nach einer Tabelle des Bundesministeriums der Finanzen über die Bewertung einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung für Stichtage ab 1.1.2024 ermittelt. Sie enthält, getrennt für Männer und Frauen, die statistische Lebenserwartung und den Vervielfältiger für den Kapitalwert, der für die Berechnung des Wertes des Wohnrechts benötigt wird.

Beispiel

Herr Müller, 60 Jahre alt, überträgt seine Immobilie im Wert von 500.000 Euro auf seinen Sohn und behält sich ein lebenslanges Wohnrecht vor. Die monatliche Kaltmiete für die Immobilie beträgt 1.000 Euro.

Der Kapitalwert des Wohnrechts wird anhand der Lebenserwartung von Herrn Müller (25,34 Jahre) und dem Mietwert berechnet:

Berechnung:

Wert des Wohnrechts = 12 x monatliche Miete x Kapitalwert (25,34 Jahre = 13,871)

= 12 x 1.000 Euro x 13,871 = 166.452 Euro

Dieser Betrag wird vom Wert der Immobilie abgezogen, was den steuerpflichtigen Wert auf 333.548 Euro reduziert.

Vertragsgestaltung beim Wohnrecht

Die genaue Ausgestaltung des Wohnrechts erfolgt in einem Wohnrechtsvertrag, der notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen wird. Bei der Gestaltung des Vertrages sollten einige Punkte beachtet werden:

  1. Umfang des Wohnrechts: Es sollte genau festgelegt werden, welche Räume oder Teile der Immobilie vom Wohnrecht umfasst sind. Auch die Nutzung von Nebenräumen, wie Garten oder Garage, kann geregelt werden.
  2. Betriebskostenregelung: Der Vertrag sollte klären, welche Betriebskosten der Wohnrechtsinhaber trägt. Hierzu gehören Heizkosten, Strom, Wasser und Müllabfuhr. Größere Reparaturen und Modernisierungen sollten ebenfalls geregelt sein.
  3. Übertragbarkeit des Wohnrechts: In der Regel ist das Wohnrecht nicht übertragbar und erlischt mit dem Tod des Berechtigten. Es kann jedoch auch vereinbart werden, dass das Wohnrecht zu Lebzeiten des Berechtigten auf eine andere Person übertragen werden kann.
  4. Kündigungsregelungen: Es sollten klare Regelungen zur Beendigung des Wohnrechts getroffen werden, z. B. für den Fall, dass der Wohnrechtsinhaber dauerhaft auszieht oder pflegebedürftig wird.

Wohnrecht und Verkauf der Immobilie

Ein wichtiger Aspekt des Wohnrechts ist seine Wirkung im Falle eines Verkaufs der Immobilie. Das Wohnrecht bleibt auch nach einem Verkauf bestehen, sofern es im Grundbuch eingetragen ist. Der neue Eigentümer ist an das Wohnrecht gebunden und kann den Wohnrechtsinhaber nicht ohne weiteres aus der Immobilie verdrängen.

Der Verkauf einer Immobilie mit eingetragenem Wohnrecht kann den Verkaufspreis jedoch mindern, da der Käufer die Immobilie nicht uneingeschränkt nutzen kann. Dies sollte bei der Planung des Wohnrechts bedacht werden.

Aufhebung des Wohnrechts

Das Wohnrecht erlischt in der Regel mit dem Tod des Wohnrechtsinhabers. Es kann jedoch auch vorzeitig aufgehoben werden, wenn beide Parteien zustimmen. Eine Aufhebung des Wohnrechts sollte ebenfalls notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden.

Gründe für eine vorzeitige Aufhebung können sein:

  • Dauerhafte Pflegebedürftigkeit des Wohnrechtsinhabers: Wenn der Wohnrechtsinhaber in ein Pflegeheim zieht, kann das Wohnrecht gegen eine Abfindung aufgehoben werden.
  • Einvernehmliche Aufhebung: Beide Parteien können sich darauf einigen, das Wohnrecht vorzeitig zu beenden, z. B. wenn der Wohnrechtsinhaber zu Verwandten zieht.

Wohnrecht in Patchwork-Familien

In Patchwork-Familien kann das Wohnrecht auf Lebenszeit eine wichtige Rolle spielen, um den Lebenspartner oder andere Angehörige abzusichern. Es bietet die Möglichkeit, dem Lebenspartner ein Wohnrecht zu gewähren, ohne dass er oder sie Miteigentümer der Immobilie wird. Dies kann helfen, mögliche Konflikte zwischen den Erben und dem Lebenspartner zu vermeiden.

Fazit von Fachanwalt für Erbrecht Mathias Nittel

Das Wohnrecht auf Lebenszeit ist ein vielseitiges Instrument, das in der Vermögens- und Nachlassplanung zahlreiche Vorteile bietet. Es ermöglicht es, das Wohnen für nahe Angehörige abzusichern, ohne das Eigentum an der Immobilie aufzugeben. Gleichzeitig bietet es steuerliche Vorteile, indem es den steuerpflichtigen Wert der Immobilie mindert.

Eine sorgfältige Vertragsgestaltung und die Eintragung im Grundbuch sind entscheidend, um die Rechte des Wohnrechtsinhabers zu schützen und potenzielle Konflikte zu vermeiden. Das Wohnrecht auf Lebenszeit kann flexibel an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden, sei es im Rahmen einer Schenkung, einer Erbschaft oder einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien.

Für weiterführende Beratung und individuelle Lösungen im Bereich des Erbrechts und des Wohnrechts stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Nutzen Sie die Vorteile des Wohnrechts, um Ihre Angehörigen abzusichern und Ihr Vermögen optimal zu gestalten. Kontaktieren Sie mich für ein unverbindliches Erstgespräch.

Kostenloses & unverbind­lich­es Erst­gespräch mit Rechtsanwalt Mathias Nittel

Unsicherheiten im rechtlichen Bereich können schnell zu großen Problemen werden. Deshalb ist eine professionelle Beratung unerlässlich. Nutzen Sie die Gelegenheit für ein kostenloses Erstgespräch.

Klicken Sie jetzt auf den Button, um ein kostenloses Erstgespräch zu vereinbaren.

Schnelle Rückmeldung innerhalb eines Werkstages (Mo. ‑ Fr.)

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

„Der persönliche Kontakt zu meinen Mandanten ist mir besonders wichtig. Ich spreche erst nach einer gründlichen Prüfung Ihrer Situation eine Empfehlung aus. Mein Ziel ist es, dass Sie wissen, welchen Weg wir gemeinsam zur Durchsetzung Ihrer Interessen gehen.“

Beitrag teilen

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner