Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 27. Oktober 2023 (Az. 158 C 16069/22) eine Klage abgewiesen, in der der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Grabpflege eines Familiengrabes bis zum Jahr 2030 forderte. Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob die testamentarisch angeordnete Grabpflege, die ursprünglich der verstorbenen Nichte der Erblasserin oblag, nach deren Tod auf deren Erben übergegangen ist.
Sachverhalt
Der Kläger ist der Sohn und Alleinerbe der am 29.05.2018 verstorbenen Erblasserin, Frau A. K. In ihrem Testament vom 28.03.2015 verfügte die Erblasserin, dass ihre Nichte, Frau R. Kr., für die Grabpflege sorgen solle. Hierfür vermachte sie ihr 8.000 Euro. Die Urne der Erblasserin wurde im elterlichen Grab auf dem Friedhof in S. beigesetzt, und die 8.000 Euro wurden nach dem Tod der Erblasserin an Frau Kr. ausgezahlt. Nachdem auch Frau Kr. am 15.01.2021 verstarb, wandte sich der Kläger an deren Erben, die Beklagten, und forderte sie zur Fortsetzung der Grabpflege auf. Die Beklagten erklärten sich in der außergerichtlichen Korrespondenz zunächst bereit, die Grabpflege bis zum 31.12.2026 zu übernehmen. Der Kläger bestand jedoch auf einer Pflege bis zum Ablauf der Grabnutzungsfrist am 15.03.2030. Dies führte zur Klageerhebung.
Entscheidungsgründe
Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung des Amtsgerichts München bestand keine rechtliche Verpflichtung der Beklagten zur Fortführung der Grabpflege über das Jahr 2026 hinaus. Weder ein vertraglicher noch ein erbrechtlicher Anspruch des Klägers sei gegeben.
1. Vertragliche Ansprüche
Ein vertraglicher Anspruch des Klägers scheiterte an der fehlenden Annahme der Angebote der Beklagten. Zwar hätten die Schreiben der Beklagtenvertreterin vom 02.02.2022 und 03.08.2022 als Angebote zum Abschluss eines Schuldanerkenntnisvertrags gewertet werden können, doch der Kläger habe diese Angebote nicht angenommen. Stattdessen habe er weiterhin auf dem Abschluss eines Dauergrabpflegevertrags bestanden. Eine vertragliche Einigung kam daher nicht zustande.
2. Erbrechtliche Verpflichtung
Auch eine erbrechtliche Verpflichtung der Beklagten zur Grabpflege sei nach Ansicht des Amtsgerichts München nicht gegeben. Die testamentarische Verfügung der Erblasserin sei als Vermächtnis zugunsten der Nichte R. Kr. zu verstehen, verbunden mit der Auflage, die Grabpflege zu besorgen. Diese Auflage sei jedoch mit dem Tod von Frau Kr. erloschen und nicht auf die Beklagten als deren Erbinnen übergegangen.
a) Kein Übergang der Auflage auf die Erben
Das Gericht führte aus, dass § 2161 Satz 2 BGB nur den Fall erfasst, dass der Beschwerte – hier Frau Kr. – vor Eintritt des Erbfalls der Erblasserin verstirbt. Da Frau Kr. jedoch nach der Erblasserin verstorben ist und das Vermächtnis somit angefallen war, sei die Auflage nicht auf die Beklagten übergegangen. Zudem sei es nicht dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin entsprechend, dass die Erben von Frau Kr., die in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zur Erblasserin standen, zur Grabpflege verpflichtet werden sollten.
b) Kein Übergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge
Auch nach der Regelung der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB sei die Verpflichtung zur Grabpflege nicht auf die Beklagten übergegangen. Das Gericht hob hervor, dass die Erblasserin die Auflage der Grabpflege ihrer Nichte als Familienangehörige übertragen habe, die eine besondere Bindung zur Grabstätte hatte. Es sei jedoch nicht davon auszugehen, dass die Erblasserin die Erben von Frau Kr., die sie nicht kannte, verpflichten wollte, die Grabpflege bis zum Jahr 2030 fortzusetzen. Damit handle es sich um eine höchstpersönliche Auflage, die nicht vererblich sei.
Fazit von Fachanwalt für Erbrecht Mathias Nittel
Das Urteil des Amtsgerichts München stellt klar, dass testamentarische Auflagen, insbesondere solche wie die Grabpflege, nicht ohne weiteres auf die Erben des ursprünglich Beschwerten übergehen. Entscheidend ist hierbei der mutmaßliche Wille der Erblasserin. In diesem Fall legte das Gericht dar, dass die Erblasserin die Grabpflege ihrer Nichte als familiäre Verpflichtung übertrug und keine weitergehende Bindung für deren Erben beabsichtigte. Der Kläger, als Alleinerbe der Erblasserin, konnte somit keinen Anspruch auf eine Fortsetzung der Grabpflege durch die Beklagten bis zum Jahr 2030 geltend machen.
Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung einer klaren und eindeutigen Formulierung von Auflagen in Testamenten, insbesondere wenn es um langfristige Verpflichtungen wie die Grabpflege geht. Der Fall zeigt, dass eine detaillierte testamentarische Regelung entscheidend sein kann, um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
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