Am 14. März 2024 hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem aufsehenerregenden Fall zur Erbunwürdigkeit entschieden (Az. 24 U 152/22). Die Kläger, Kinder der Beklagten, hatten Ansprüche im Zusammenhang mit dem Nachlass ihres im August 2006 verstorbenen Vaters geltend gemacht. Das Urteil des Landgerichts, das der Klage in wesentlichen Punkten stattgegeben und die beklagte Mutter für erbunwürdig erklärt hatte, wurde in der Berufung abgeändert.
Sachverhalt
Die Kläger sind die Kinder der Beklagten und erhoben Ansprüche aus dem Nachlass ihres verstorbenen Vaters. Das Landgericht hatte die Beklagte für erbunwürdig erklärt und festgestellt, dass die Kläger mit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung zu jeweils einem Drittel gesetzliche Erben nach dem Erblasser geworden sind. Zudem wurde die Beklagte zur Auskunft über den Bestand und Verbleib der Erbschaft verurteilt. Hintergrund dieser Entscheidung war, dass die Beklagte ein Dokument mit einer Blankounterschrift des Erblassers beim Nachlassgericht vorgelegt hatte, was als mittelbare Falschbeurkundung gemäß § 271 StGB gewertet wurde.
Entscheidungsanalyse des OLG Köln
Der 24. Zivilsenat des OLG Köln hat jedoch geurteilt, dass eine Erbunwürdigkeit der Beklagten nach § 2339 BGB nicht festgestellt werden kann. Die Kernpunkte der Entscheidung sind wie folgt:
- Urkundenfälschung nach § 267 StGB: Das OLG stellte fest, dass der Beklagten nicht nachgewiesen werden konnte, eine unechte Urkunde hergestellt oder gebraucht zu haben. Eine Urkunde ist nur dann unecht, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht. Da der Erblasser der Beklagten eine Blankounterschrift gegeben hatte, um den Text für ein gemeinsames Testament zu verfassen, war die Erklärung aus Sicht des OLG trotz der erbrechtlichen Formvorschriften gültig. Somit fielen der tatsächliche und scheinbare Urheber der Erklärung nicht auseinander.
- Mittelbare Falschbeurkundung nach § 271 StGB: Das OLG konnte nicht feststellen, dass die Beklagte eine mittelbare Falschbeurkundung begangen hat. Eine solche läge nur vor, wenn die im Erbschein ausgewiesene Erbfolge objektiv unrichtig wäre. Das OLG konnte jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass ein formwirksames Testament existiert oder existiert hat, das die Beklagte zur Alleinerbin bestimmte.
- Haftung nach § 826 BGB: Das OLG entschied, dass die Beklagte gemäß § 826 BGB auf Ersatz der Kosten haftet, da sie bewusst wahrheitswidrig angegeben und an Eides statt versichert hatte, dass das Dokument von August 2005 von ihr eigenhändig geschrieben und vom Erblasser eigenhändig mitunterzeichnet worden sei.
Praxishinweis
Das Urteil des OLG Köln verdeutlicht den Umfang der Beweiskraft eines Erbscheins. Nach Auffassung des OLG erstreckt sich diese Beweiskraft nur darauf, dass die ausgewiesene Person tatsächlich Erbe geworden ist, nicht jedoch auf den konkreten Berufungsgrund. Eine abschließende gesetzliche Regelung, welche Angaben in einem Erbschein zwingend anzugeben sind, existiert nicht. Grundsätzlich finden sich in einem Erbschein keine Angaben darüber, auf welchem Berufungsgrund die festgehaltene Erbfolge basiert.
Fazit
Diese Entscheidung des OLG Köln zeigt, wie komplex die rechtlichen Anforderungen an die Feststellung der Erbunwürdigkeit sind. Insbesondere die Differenzierung zwischen formellen und materiellen Anforderungen an Urkunden und deren Beweiskraft sind hierbei von zentraler Bedeutung. Für juristische Laien und Praktiker gleichermaßen bietet das Urteil wertvolle Einblicke in die rechtliche Bewertung von Erbschaftsangelegenheiten.
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