Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft

Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, auch als Auflösung oder Teilung bekannt, ist einer der komplexesten Vorgänge im Erbrecht. Miterben sollten die Regeln für die Abwicklung des Erbes durch die Aufteilung des Nachlasses kennen, um ihre Interessen zu wahren.

Inhaltsverzeichnis

Vier Wege, um eine Erbengemeinschaft zu verlassen

Erbengemeinschaften sind oft konfliktreich, und Erben sehen unter Umständen bis zur Auseinandersetzung keinen Cent aus dem Erbe. Daher verspüren Miterben häufig das Bedürfnis, möglichst schnell aus der Erbengemeinschaft auszutreten und schnell an Geld zu kommen.

Erben können eine Erbengemeinschaft grundsätzlich auf vier verschiedenen Wegen verlassen:

  1. Durch Auseinandersetzungsvertrag bzw. Auseinandersetzungsvereinbarung
  2. Nach den gesetzlichen Regeln
  3. Durch Abschichtung
  4. Durch den Verkauf des Erbteils

Nur durch einen Auseinandersetzungsvertrag oder gemäß den gesetzlichen Bestimmungen wird die Erbengemeinschaft tatsächlich aufgelöst und der Nachlass verteilt. Durch Abschichtung und Verkauf des Erbteils scheidet ein Erbe gegen eine Abfindung aus der Erbengemeinschaft aus, die danach in der Regel weiter besteht.

Nachlassüberblick verschaffen

Um den Prozess der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft einzuleiten, ist es zunächst erforderlich, dass die Miterben einen umfassenden Überblick darüber erhalten, welche Vermögenswerte sich im Nachlass befinden. Es ist ratsam, dass die Miterben zu Beginn gemeinsam ein Verzeichnis über den Nachlass erstellen, auch bekannt als Nachlassverzeichnis. Sollten Ihre Miterben bereits in diesem ersten Schritt Widerstand leisten oder der Verdacht besteht, dass sie Informationen zurückhalten, um möglicherweise bestimmte Nachlasswerte für sich zu beanspruchen, ist es wichtig zu wissen, dass Sie in der Erbengemeinschaft unter bestimmten Umständen Anspruch auf Auskunft von Ihren Miterben haben. Diese Ansprüche können gegebenenfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden.

Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten

Ein wichtiger Schritt ist die Begleichung der Schulden des Nachlasses. Falls dies mit dem vorhandenen Bargeld nicht möglich ist, sollten die Erben bereits Nachlassgegenstände veräußern, um die Verbindlichkeiten zu tilgen. Sollten weitere Verbindlichkeiten zu erwarten sein, ist es ratsam, die benötigten Mittel dafür zurückzuhalten.

Besonderheiten bei Teilungsanordnungen 

Teilungsanordnungen sind häufige Bestandteile von Testamenten. Sie legen fest, welcher Erbe bei der Aufteilung bestimmte Vermögenswerte erhalten soll. Solche Anordnungen können die Erbauseinandersetzung erleichtern. Wenn sich die Erben jedoch nicht einig sind, müssen sie sich an diese Anordnungen halten, es sei denn, sie können eine Einigung erzielen.

Im Allgemeinen müssen Erben, wenn bestimmte Vermögenswerte gemäß Teilungsanordnung die Erbquote übersteigen, Ausgleichszahlungen an die anderen Erben leisten, sofern der Wille des Erblassers nicht anders geäußert wurde. 

Wenn ein Testament Anordnungen enthält, die bestimmten Erben einzelne Vermögenswerte zuweisen, wie z. B. „Mein Sohn soll mein Haus und meine Tochter soll meine Ferienwohnung erhalten“, kann dies ein Vorausvermächtnis darstellen, bei dem keine Ausgleichszahlung vorgesehen ist. Ob es sich um ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung handelt, hängt von der Auslegung ab. Eine Teilungsanordnung wird in der Regel angenommen, wenn der Erblasser trotz der Zuweisung alle Erben wertmäßig gleich behandeln wollte. Von einem Vorausvermächtnis wird ausgegangen, wenn der Erblasser dem Empfänger einen wertmäßigen Vorteil über seinen Erbteil hinaus gewähren wollte und daher keine Ausgleichszahlung wünschte.

Auseinandersetzungsvertrag oder -vereinbarung

Der schnellste und oft vorteilhafteste Weg für alle Erben ist es, sich freiwillig darauf zu einigen, wie der Nachlass aufgeteilt werden soll. Dies hat den Vorteil, dass nicht alle Nachlassgegenstände vor der Aufteilung liquidiert werden müssen. Zum Beispiel können die Erben vereinbaren, dass ein Erbe die Immobilie des Nachlasses, in der er bereits wohnt, übernimmt und dafür den anderen Erben eine Ausgleichszahlung leistet. Eine solche Einigung kann auch dann vorteilhaft sein, wenn der Erblasser in seinem Testament ein Verbot der Auseinandersetzung angeordnet hat. Wenn sich alle einig sind, können die Erben sich über ein solches Verbot hinwegsetzen.

Ein Auseinandersetzungsvertrag kann grundsätzlich mündlich, schriftlich oder notariell abgeschlossen werden. Wenn jedoch eine Immobilie im Nachlass enthalten ist und durch die Auseinandersetzungsvereinbarung einem Erben übertragen werden soll, ist eine notarielle Beurkundung der Vereinbarung erforderlich. Besonders bei komplexeren Regelungen empfiehlt es sich, die Vereinbarungen schriftlich festzuhalten.

Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Regeln

In der Praxis gestaltet sich die einvernehmliche Auseinandersetzung oft schwierig, da sich die Erben nicht über die Verteilung der Nachlassgegenstände einigen können. Das Gesetz, genauer § 2042 Abs. 1 BGB, bestimmt jedoch, dass grundsätzlich jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen kann, was die Aufteilung des Nachlasses und die Auflösung der Gemeinschaft bedeutet. Wenn sich die Erben nicht einigen können, bietet das Gesetz Möglichkeiten, die Auseinandersetzung notfalls zwangsweise durchzusetzen.

Zunächst muss die Teilungsreife des Nachlasses hergestellt werden. Dies ist der Fall, wenn auf der einen Seite alle Nachlassverbindlichkeiten beglichen sind und auf der anderen Seite der Nachlass entsprechend der Erbquoten gleichmäßig aufgeteilt werden kann, ohne an Wert zu verlieren. Das bedeutet praktisch, dass andere Vermögenswerte als Barvermögen und Wertpapiere nicht mehr im Nachlass vorhanden sein dürfen, da sie in der Regel nicht ohne Wertverlust aufgeteilt werden können.

Um dies zu erreichen, müssen alle diese Nachlassgegenstände liquidiert werden. Dies kann entweder durch den freien Verkauf erfolgen – allerdings erfordert auch dies wiederum eine Einigung der Miterben, was in Konfliktsituationen oft scheitert.

Jeder Miterbe hat jedoch die Möglichkeit, die Liquidation der Nachlassgegenstände zwangsweise herbeizuführen. Bei Immobilien erfolgt dies durch Teilungsversteigerung, bei anderen Nachlassgegenständen durch Pfandverkauf.

a) Teilungsversteigerung und Pfandverkauf

Wenn die Erben sich nicht einigen können, was mit einer Immobilie im Nachlass geschehen soll – Verkauf oder Übernahme durch einen Erben – kann jeder Miterbe jederzeit die Teilungsversteigerung beantragen. Der Antrag muss beim Amtsgericht gestellt werden, in dessen Bezirk sich die Immobilie befindet. Während einer Teilungsversteigerung wird die Immobilie durch das Gericht versteigert. Es ist jedoch zu beachten, dass bei einer solchen Versteigerung möglicherweise ein geringerer Erlös erzielt wird als beim freihändigen Verkauf. Erben, die die Immobilie behalten möchten, können selbst an der Versteigerung teilnehmen und sie im besten Fall unter ihrem Wert erwerben.

Nach dem Zuschlag an den Höchstbietenden wird der Versteigerungserlös in der Regel aufgeteilt. Wenn sich die Miterben nicht einigen können, wird der Erlös vom Gericht hinterlegt.

Wenn die Erben keine Einigung über das Schicksal anderer Nachlassgegenstände erzielen können, ist der Pfandverkauf das Mittel der Wahl für die zwangsweise Liquidation. Dies kommt jedoch in der Praxis seltener vor als die Teilungsversteigerung.

b) Erbteilungsklage bzw. Auseinandersetzungsklage

Sobald die Teilungsreife erreicht ist, kann der Erlös entsprechend der Erbquoten aufgeteilt werden. Aber auch hier muss die Aufteilung durch eine Einigung aller Erben erfolgen. Wenn ein Miterbe weiterhin blockiert und der Aufteilung nicht zustimmt, steht den Miterben die Möglichkeit offen, eine Auseinandersetzungsklage, auch Erbteilungsklage genannt, einzureichen. Dies eröffnet Miterben grundsätzlich die Möglichkeit, einen bestimmten Teilungsplan gerichtlich durchzusetzen. In der Praxis ist die Teilungsklage jedoch mit einem hohen Prozesskostenrisiko verbunden und oft nicht erfolgreich, da sie von anderen Erben leicht vereitelt werden kann. 

Auseinandersetzung durch den Testamentsvollstrecker

Wenn der Erblasser in seinem Testament einen Testamentsvollstrecker benannt hat, stellt sich die Frage, wie sich dies auf die Aufteilung des Nachlasses und die Beendigung der Erbengemeinschaft auswirkt. Dies hängt davon ab, mit welchen Aufgaben der Testamentsvollstrecker betraut wurde. In der Regel ist ein Testamentsvollstrecker damit beauftragt, den Nachlass zu verwalten und aufzuteilen. In diesem Fall bestimmt der Testamentsvollstrecker, wie der Nachlass verteilt wird. Wenn zusätzlich eine Teilungsanordnung im Testament vorhanden ist, muss sich der Testamentsvollstrecker jedoch an diese halten. Natürlich hat der Testamentsvollstrecker auch die Möglichkeit, sich mit den Erben zu einigen und gemeinsam eine Lösung zu finden, mit der alle Miterben einverstanden sind.

Abschichtung oder Erbteilsverkauf

Neben der Erbauseinandersetzung durch eine Auseinandersetzungsvereinbarung oder nach den gesetzlichen Regeln gibt es die Möglichkeit der Abschichtung oder des Erbteilsverkaufs.

  • Bei der Abschichtung verzichtet ein einzelner Erbe auf seinen Erbteil und überträgt diesen auf den oder die anderen Erben, in der Regel gegen Zahlung eines Ausgleichs.
  • Beim Erbteilsverkauf verkauft ein Miterbe seinen Erbteil entweder an einen anderen Miterben (Vorkaufsrecht) oder an einen Dritten.

Beide Optionen führen jedoch in der Regel nicht zur Beendigung der Erbengemeinschaft, wie es bei der Auseinandersetzung der Fall ist. Stattdessen scheidet lediglich ein Mitglied aus der Erbengemeinschaft aus. Welches Instrument das richtige für Sie ist, wenn Sie Miterbe sind oder eine letztwillige Verfügung erstellen möchten, sollten Sie sorgfältig abwägen. Wir unterstützen Sie dabei gerne mit unserem Fachwissen und unserer Erfahrung.

Erbschafts- und Schenkungssteuer

Insbesondere bei einer einvernehmlichen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft durch eine Auseinandersetzungsvereinbarung stellt sich oft die Frage nach den steuerlichen Auswirkungen.

Grundsätzlich ist die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kein steuerpflichtiger Vorgang. Die Erbschaftssteuer wird bereits mit dem Erbfall fällig und richtet sich nach der jeweiligen Erbquote eines jeden Miterben. Das Finanzamt interessiert sich zunächst nicht dafür, wie der Nachlass aufgeteilt wird, selbst wenn die Erbengemeinschaft erst Jahre später aufgelöst wird.

Allerdings ist Vorsicht geboten, wenn ein Miterbe durch die Auseinandersetzungsvereinbarung deutlich mehr aus dem Nachlass erhält als ihm nach seiner Erbquote zusteht. Dies könnte vom Finanzamt als Schenkung betrachtet werden und somit schenkungsteuerpflichtig sein.

 

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